artifex 04/2024: Erlebniswelt Wasser
Vorlesen:
Paddeln_Faszination trotzt Angst
Die Magie DES PADDELNS ENTDECKEN
Paddeln hilft, die Furcht vor dem Wasser zu verlieren. Als Belohnung winken unvergessliche Momente in der Natur. (Foto: © iStock.com/SolStock)
Sanft schaukelt das Kanu mit jeder Welle auf und ab. Leise plätschert das Wasser gegen den Rumpf des Bootes. Mit jedem Paddelschlag spürt Sandra Buchholz den Widerstand des Wassers und damit die Kraft, die das Element entwickeln kann. Seit mehr als drei Jahren ist die Paddlerin in ihrem eigenen Boot auf den Flüssen unterwegs. Für die Wassersportlerin immer noch ein Abenteuer. Denn Sandra Buchholz hat Angst vor Wasser. »Ich bin am Rhein groß geworden. Ich weiß, welcher Sog entstehen kann. Welche Kraft das Wasser hat.« Ein guter Freund und Paddelfan kann sie schließlich überreden, mit ihm eine Tour auf dem Rhein zu unternehmen.
»ES IST EINE WUNDERBARE ART, DIE NATUR ZU ERLEBEN.« SANDRA BUCHHOLZ
Auch wenn ihr die Fahrt mit dem Kanu damals überhaupt nicht behagte, ist sie ab da immer wieder mitgefahren, sah sie zum einen die Chance, ihre Ängste abzubauen. Zum anderen war sie von Anfang an von den Eindrücken begeistert, die sich ihr bei einer Paddeltour entlang des Ufers zeigen. Der sportlichen Frau gefällt es besonders, sich mit Muskelkraft fortzubewegen. Der Blick auf unberührte Landschaften nimmt der Naturliebhaberin die Sorgen vor dem Wasser und einem möglichen Kentern. »Das ist eine andere Kulisse, wenn Du vom Boot aus auf das Ufer schaust.« Viele Stellen am Rhein sind bis heute noch naturbelassen. Tiere tauchen unvermittelt an den Ufern auf. Die Fahrt geht vorbei an Industriegebieten. In der Abenddämmerung erinnern sie hier und da sogar an die Gemälde von Edward Hopper. Kleine Dörfer, die von der Straße aus nicht zu sehen sind, tauchen plötzlich auf. Die schroffen Felsen des Mittelrheins sind ein Highlight bei jeder Tour.
»Es ist eine wunderbare Art, die Natur zu erleben. Ich sehe Reiher oder Kormorane, die am Ufer in der Sonne ihre Flügel trocknen«, sagt Sandra Buchholz, dass ihr jede Fahrt auf dem Rhein neue Eindrücke vermittelt. Ein weiteres Fünkchen Begeisterung für den Wassersport sprang über, als sie einen Anfängerkurs belegte. Auf einem See lernte sie unter fachkundiger Leitung die richtigen Paddelschläge, um so das Kanu nach ihren Wünschen zu steuern. Und sie lernt die Techniken, die bei einem Kentern sie und das Boot wieder an die Oberfläche bringen. Es sollte allerdings drei weitere Jahre dauern, bis sie Feuer und Flamme für den Sport war.
Das Beste vorweg: Kanufahren kann jeder erlernen, und das in jedem Alter. Anfängern rät Sandra Buchholz, sich Schritt für Schritt an das Thema Paddeln heranzutasten: »Üben, üben, üben. Und nicht gleich entmutigt sein, wenn Gleichgesinnte schon mehr können oder schneller paddeln. Das ist alles Training.«
WASSERSPORT IST NASSER SPORT
Wer also paddeln will, muss schwimmen können. Es sollte nur jedem Neuling bewusst sein, dass man beim Training nass werden oder sogar ins Wasser fallen kann. Und wer das Kanufahren ausprobieren möchte, kann zum Beispiel bei einem Kanu-Verein anfragen. Die benötigte Ausrüstung kann mehr oder minder gestellt werden, und Ausbilder oder erfahrene Vereinsmitglieder stehen zur Seite. Gut informiert der Deutsche Kanu-Verband (DKV) über den Breitensport.
kanu.de
Die Beziehung zum Wasser ist für Sandra Buchholz deutlich besser geworden. »Mit der Zeit stellte sich die Routine ein, die mir Sicherheit gab«, sagt sie, dass die Touren mit dem Kajak längst eine Auszeit aus dem Alltag sind.
Rückblick
Die Ursprünge des Paddelns reichen Tausende von Jahren zurück. Archäologische Funde belegen, dass schon in prähistorischen Zeiten Paddelboote genutzt wurden. Bis heute werden Kanus für Transport und Handel genutzt, wie bei den Ureinwohnern Nordamerikas, Polynesiern oder in den Klongs von Thailand. In Europa wurde das Paddeln, insbesondere durch die Wikinger populär. Im 19. Jahrhundert wurde das Paddeln als Freizeitentwicklung entdeckt. Der britische Entdecker und Anthropologe John MacGregor trug mit seinem Boot »Rob Roy« zur Popularität bei. In dem selbstgebauten Boot dokumentierte er seine Reisen. Der Einsatz neuer Materialien hat die Funktion des Kanus verändert. Boote aus Holz wurden durch Boote aus Fiberglas, Kunststoff und andeen, leichten Materialien ersetzt. Ein gutes Boot kostet etwa zwischen 1.000 und 5.000 Euro, je nach Hersteller, Material und Typ.
Mit dem Kajak reisen
Paddelreisen werden nicht nur in Deutschland für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten. Eine Leihausrüstung wird meist gestellt. Und wer erfahren genug ist, kann auch ohne Guide und auf eigenes Risiko auf dem Wasser unterwegs sein. Das erfordert eine gute Vorbereitung. Vor allem sind die richtige Kleidung und Sicherheitsausrüstung ein Muss für jede Reise.
Wer das ganze Jahr über paddeln möchte, kann sich an einen ortsansässigen Kanuclub wenden. Denn vereinsintern werden in vielen Vereinen auch Tages- oder Mehrtagestouren unternommen.
artifex 04/2024: Erlebniswelt Wasser - Seite 28